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FMT Blog

Dienstag, 18.08.2020 von Friedrich Kitzsteiner Einfache Selbstbauanleitung für ein Mini-Schleifgerät

Im Lauf der Zeit haben sich in vielen Haushalten diverse Rasierapparate angesammelt, die zwar noch funktionieren, aber durch ein neues, moderneres Gerät ersetzt wurden. Sie fristen ihr Dasein in Schränken, Dachböden und Kellern. Wenn die Gattin diese findet und entsorgen will, wird das kategorisch verhindert, denn man weiß ja nie, ob man sie nicht doch noch mal benötigt.

Bei mir hatten sich acht Apparate angesammelt, inklusive der unverwüstlichen 220 Volt Rasierer von Opa. Im Modellbauhobby setze ich seit langem für gröbere Schleifarbeiten die üblichen Bauschleifgeräte ein. Für feine Arbeiten sind diese einfach zu groß und grobmotorisch - im Nu ist Balsa durchgeschliffen und man kann den Bau von neuem beginnen. So entstand die Idee, aus den überzähligen Rasierern etwas Passendes zu zaubern.

Ausgemusterte Elektrorasierer sind Lieferanten für Minischleifer.

Grundprinzipien

Bei den handelsüblichen Elektrorasierern haben sich drei Systeme durchgesetzt. Am einfachsten funktionieren die sogenannten Rotationsrasierer. Hier ist an einem Motor der rotierende Scherkopf befestigt, welcher in Verbindung mit der Scherfolie die Rasierfunktion übernimmt. Beim Schwingrasierer wird ein Messerblock über einen Exzenter hin und her bewegt und übernimmt so die Funktion. Bei beiden Typen ist der Betrieb auch über Akku möglich.  Bei der früher üblichen leistungsfähigsten Variante wird das 220 Volt 50 Hz Wechselstromnetz genutzt. Hier bewegt ein Metallelement den Scherkopf mit 50 Hüben pro Sekunde.

Beim Akku-Schwingrasierer wird der Scherkopf mittels motorischem Exzenter bewegt.

 

Ältere Netzrasierer nutzen das 50 Hertz Wechselstromfeld für die Bewegung.

 

Prinzipieller Umbau

Würde man den Messerkopf durch eine Platte mit Schleifpapier ersetzen, hätte man schon seinen Minischleifer. Aber so einfach geht es leider nicht, denn die Geräte müssen praxistauglich, dauerbetriebsfest und sicher sein. In diversen Optimierungsrunden wurde eine nachbausichere Lösung, zunächst für den Schwingschleifer, gefunden, die im Folgenden gezeigt wird. 

Sicherheit

Normalerweise müssen die Gehäuse nicht geöffnet werden, was Nicht-Elektrikern bei den 220 Volt Geräten aus Sicherheitsgründen ohnehin nicht zu empfehlen ist. Bei den Akku-Rasierern ist dies unkritischer, da meist ein externes Netzteil für die ungefährliche Niederspannung sorgt. Im Fertigzustand sind die Maschinchen ungefährlich, sollten aber trotzdem nicht Kleinkindern zum Spielen dienen, auch wenn die brummenden Dinger unsere Kleinen zum Mitmachen inspirieren. 

Bauanleitung

Folgende Bauanleitung bezieht sich auf einen Braun-Netzrasierer, wobei das Umbauprinzip bei allen Schwinggeräten nahezu identisch ist. Wir beginnen mit dem Abnehmen des Scherfolienkopfes und dem Messerblock, wie es auch beim Reinigen des Rasierers geschieht.

Nun fertigen wir aus Leiterplattenmaterial eine ca. 40x80 mm große Schleifpapierplatte. Dafür kann alternativ auch dünnes Sperrholz verwendet werden. Wichtig ist es, die Kanten zu glätten und die Ecken abzurunden, denn wir wollen ja keine Schrammen in unsere wertvollen Modelle bekommen.

Um die Schleifplatte befestigen zu können, muss der Kunststoffhalter demontiert werden. Bei unserem Braun-Gerät wird diese durch einen sogenannten Seegerring gehalten. Achtung „Feder“ - das Element steht unter mechanischer Spannung und wenn man nicht aufpasst, hüpft das Teil quer durch die Werkstatt und man muss lange suchen. Nun wird die Mitte auf der Trägerplatte angezeichnet und in beide Elemente 2 mm Löcher gebohrt. Da überstehende Schraubenköpfe unschöne Muster ergeben, senken wir die Bohrungen an. Dann wählen wir zwei Linsenkopfschrauben mit Gegenmutter aus und längen diese entsprechend ab. Nun werden Kunststoffhalter und Trägerplatte verschraubt und mit Sicherungslack gesichert.  Nach dem Trocknen kann ein erster kurzer Probelauf stattfinden. Da die Platte noch lose an der Verbindung hängt, vibriert sie klappernd um sich.

Dieses wilde Vibrieren zu unterbinden und dabei trotzdem die seitliche Bewegung zu erhalten, ist die eigentliche Herausforderung. Nach diversen Versuchen stellte sich elastisches Verbindungmaterial als effizienteste Lösung heraus. Es wurden verschiedene Materialien getestet, wie  Gummi, Silikon und Schaumstoffe, wobei mit Schaumstoffen die besten Resultate erzielt wurden.

Für die antriebsschwächeren Akkugeräte eignet sich der weichere Normalschaum, während die starken Netzgeräte mit festerem Schaum gute Ergebnisse brachten. Zwei Streifen mit ca. 10x20 mm werden zwischen Gerät und Platte mit Kleber fixiert und übernehmen erfolgreich die Verkipp- und Verdrehsicherung. Nun kann man das Gerät zu einem längeren Testlauf starten und prüfen, ob alle Verbindungen den Vibrationen standhalten.

Die Aufbringung des Schleifpapiers erfolgt mit doppelseitigem Klebeband. Ich habe zwei Schleifer gebaut: Nr. 1 fürs Gröbere mit dem Schleifpapier direkt auf der Platte, Nr. 2 fürs Feinere. Hier liegt ein ca. 3 mm dünner Schaumstoff zwischen Platte und Schleifpapier (siehe Eingangsfoto) Der „Stärkere“ wird für das Schleifen glatter Flächen mit höherem Abtrag genutzt. Der „Feinmotoriker“ kommt für den Schliff an empfindlichen und gekrümmten Flächen zum Einsatz

 

Scherfolie und Scherkopf werden entfernt.

Die Schleifplatte wird aus Leiterplattenmaterial gefertigt.

Das Antriebselement des Rasierers wird zerlegt.

Die Schleifplatte wird mit dem Antriebsträger verbohrt.

 

Die Bohrungen werden angesenkt.

Die Einzelteile vor dem Zusammenbau.

Die Schleifplatte wird verschraubt und gesichert.

 

Die Materialien für die schwingende Verdrehsicherung.

Die Schwingelemente sind fixiert.

Der Schleifer ist fertig für den Funktionstest.

Anbringen von Schleifpapier – mit oder ohne weiche Zwischenschicht .

In wenigen Schritten wird aus einem alten Rasierer ein praktischer Schleifer. Hier die Variante 2 für ebene und gröbere Arbeiten.

Schleifer für Feines und Gebogenes.

Fazit

Meine zwei Helferlein haben in der Werkstatt schon oft gute Dienste geleistet, da die üblichen Bauschleifer oft überdimensioniert sind. Auch macht es viel Spaß, längst abgeschriebene Geräte wieder zum Einsatz zu bringen und aus Umweltgründen versuche ich, das Entsorgen noch funktionsfähiger Maschinen möglichst zu vermeiden. Also an alle Modellbauer, die ihr noch Rasierer im Fundus habt: Baut eure persönlichen Schleifer. Wenn keine verfügbar sind - Opa oder Ebay fragen. Ein Rasierschleifer sollte in keiner Werkstatt fehlen.

 

 

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