FMT Blog
Die monatliche Bauplanbeilage der FMT ist etwas ganz Besonderes, mit großer Tradition: Seit der 1. Ausgabe - also nun bereits im 70. Jahrgang - gehört sie fest dazu, bildet fast die ganze Geschichte des Modellflugs ab. Auf der Grundlage einer FMT-Bauplanbeilage der Ausgabe 4/1992 hat Zeljko Radovic von der Modellfluggruppe Buttikon/Schweiz den We-Ge-Doppeldecker gebaut, eine Konstruktion von Klaus Nietzer. Im Interview mit Markus Nussbaumer berichtet Zeljko Radovic von seinen Erfahrungen.
Markus Nussbaumer: Zeljko, du hast dich für einen Bauplan aus dem Jahr 1992 entschieden. Da drängt sich mir die Frage auf, wie lange du bereits den Modellflugsport betreibst und vor allem, wie du überhaupt dazu gekommen bist?
Zeljko Radovic: Im Alter von zehn Jahren befiel mich der "gesunde Modellflug-Virus". Mich faszinierte vor allem die Freiheit des Fliegens. Denn schon als kleiner Junge wollte ich Pilot werden - was aber leider wegen unterschiedlichen Gründen nie realisiert werden konnte. Die Alternative lebe ich jetzt als Modellflug-Pilot aus. Um mein Hobby zu finanzieren, habe ich am Anfang für andere Leute Modelle gebaut - unter anderem auch den We-Ge-Doppeldecker von Klaus Nietzer.
Markus Nussbaumer: Dann hattest du bereits früh erste Erfahrungen mit dem We-Ge-Doppeldecker. Doch warum hast du dich bei deinem neuen Bau-Projekt gerade für dieses Modell entschieden?
Zeljko Radovic: Aufgrund der Corona-Pandemie hatte ich freie Zeit übrig und nutzte diese, um in meinem Bastelraum mal etwas Ordnung zu machen. In meiner Bauplan-Sammlung stach mir dann die We-Ge von Klaus Nietzer besonders ins Auge - weckte sie doch Erinnerungen an vergangene Zeiten. Der Bauplan des Modells war in einer FMT-Ausgabe aus dem Jahr 1992 als Beilage dabei. Sofort war klar, dass ich dieses Modell einfach bauen musste. Zum einen liebe ich Doppeldecker und zum anderen ist dieses Modell relativ einfach zu bauen. Nachdem ich den Bauplan vergrößert habe, wurde aus dem 1.500-mm-Modell ein Flugzeug mit einer Spannweite von 2.000 mm. Beim Bau verwendete ich vor allem Balsaholz und zur Verstärkung Flugzeugsperrholz sowie Pappelsperrholz.
Markus Nussbaumer: Erzähle mal ein wenig von deinem Bauprozess...
Zeljko Radovic: Zunächst habe ich sämtliche Bauteile von Hand ausgeschnitten und ausgesägt - und zwar jede Rippe einzeln. Und es waren wirklich viele Rippen! Mit einem Schleifklotz habe ich die Rippen und die anderen Teile in die genaue Form gebracht. Auf diese Weise stellte ich auch die Rumpfspanten, die Nasenleisten und die Endleisten her. Wenn ich auf diese Art ein Modell baue, investiere ich viel Handarbeit und Liebe in das Projekt. Zudem benötigte ich viel Geduld - vor allem aufgrund der Vielzahl an Teilen, die herzustellen war.
Markus Nussbaumer: Wie erging es dir mit dem Rumpf?
Zeljko Radovic: Der Rumpf war recht schnell gebaut - die Kastenbauweise ist ja nicht allzu anspruchsvoll. Zudem habe ich den Rumpf mit Pappelsperrholz verstärkt - da ich es lieber stabil habe, nehme ich auch gerne etwas mehr Gewicht in Kauf.
Markus Nussbaumer: Und gestaltete sich die Arbeit mit den Tragflächen ebenfalls so unkompliziert?
Zeljko Radovic: Der Flügelbau war eine Puzzlearbeit. Dank den von mir genau vorgefertigten Teilen musste ich diese lediglich noch zusammenstecken. Und die Mühe hat sich gelohnt! Es macht mächtig Spaß, zu sehen, wie alles passt und Gestalt annimmt. Den unteren Flügel habe ich mit Querrudern versehen, um das Modell etwas agiler zu machen. Im Originalplan war nur vorgesehen, das Modell über Seiten- und Höhenruder zu steuern.
Markus Nussbaumer: Kommen wir zu den Leitwerken...
Zeljko Radovic: Beim Seitenleitwerk sowie beim Höhenleitwerk entschied ich mich für eine Kastenbauweise. Zwar hätte ich es mir auch leichter machen und einfach Bretter ausschneiden können, aber ein wenig Herausforderung ist immer gut. Es macht zudem riesig viel Freude, mitzuerleben, wie die Teile langsam zusammenwachsen. Als nun alle Teile zusammengefügt waren, stand der Rohbau meiner We-Ge in meinem Wohnzimmer und versperrte den ganzen Raum. Was für eine Freude!
Markus Nussbaumer: Nachdem der Rohbau soweit fertig war, hast du dich als nächstes vermutlich um den Antrieb gekümmert?
Zeljko Radovic: Genau, als ich alles bespannt und eingestellt hatte, stand ich vor der Wahl eines geeigneten Antriebs. Anfänglich wollte ich einen Verbrenner-Motor einbauen. Doch mein Kollege Rainer Mattle, der mir auch bei der Schwerpunktberechnung half, überredete mich zu einem Brushless-Antrieb.
Markus Nussbaumer: Da muss ich doch kurz einhaken: Zeljko und Brushless? Was? Du untergräbst deine eigene Philosophie? Für unsere Leser: Zeljko Radovic gilt in der MG Buttikon als wahrer Verfechter der Bürstenmotoren-Generation. So besitzt er noch einige Modelle, die mit Bürstenmotoren befeuert werden.
Zeljko Radovic (schmunzelt): Der D-Power AL 50-04 ist mein erster Brushless-Motor.
Markus Nussbaumer: Anderes Thema: Wie lange hat die Bauzeit deines We-GGe Doppeldeckers denn gedauert?
Zeljko Radovic: Ich hatte das Modell in etwa zwei Monaten gebaut, musste mich aber wegen Corona zwei weitere Monate gedulden, bis ich die Oracover-Folie erhielt.
Markus Nussbaumer: Und wie war der Erstflug?
Zeljko Radovic: Etwas angespannt ging's zum Jungfernflug. Auf der Startbahn beschleunigt der Brushless mit Vollgas den Doppeldecker, welcher sofort das Heck anhebt. Das Modell hüpft (vor Freude) auf der Rasenpiste und hebt ab. Die We-Ge will fliegen und wie: Unglaublich ruhig fliegt das Modell, keine Zicken sind zu erkennen und trimmen muss man auch kaum. Mein Fazit: Die We-Ge "Corona" ist um alle Achsen stabil, man kann sie schnell oder auch im Schneckentempo fliegen, sie reißt weder ab noch sackt sie durch. Und sie fliegt extrem gutmütig.
Markus Nussbaumer: Die anwesenden Vereinsmitglieder freuten sich an diesem Tag mit Zeljko. Es war eine wahre Freude, den Jungfernflug mit seinem We-Ge-Doppeldecker zu erleben. Aber die Sticheleien wegen des Brushless-Motors, die wird unser Freund noch lange über sich ergehen lassen müssen.
Zeljko Radovic: Ich sage nur: Baut eure Modelle mit Liebe - es lohnt sich! Denn das Modell dankt es euch mit großartigen Flugleistungen und ihr werdet viel Spaß haben. Zudem bin ich froh, dass ich den FMT-Beilagen-Bauplan des We-Ge-Doppeldeckers in die Hände bekommen habe.
We-Ge
VTH-Bauplan 3201042
Konstruktion: Klaus Nietzer
Bauplan-Bezug: VTH-Shop: https://shop.vth.de/bauplan-we-ge-3201042/
Spannweite: 2.000 mm
Länge: 1.460 mm
Gewicht: 5,6 kg Abfluggewicht (inkl. Akku)
Motor: D-Power AL 50-04 D-Power
Regler: D-Power 80 A
Servos: 5 × Graupner C 577
Propeller: 15×8" APC
Akku: Gens Ace 6s-4.000-mAh-LiPo 45C
Flugzeit: 8 Minuten im Normalflug, 6 Minuten im Kunstflug
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