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Sie kennen das wahrscheinlich: Ein LiPo hat mal wieder dicke Backen bekommen. Egal von welchem Hersteller, egal welcher Typ: Mal bleiben sie jahrelang schön eckig und mal sehen sie schon nach kurzer Zeit aus, als ob sie bald einen kleinen Akku (oder mehrere) gebären wollten. Aber was steckt wirklich hinter diesem Phänomen?
Zum Glück werden FMT-Autoren regelmäßig intensiv geschult und nehmen auch an Exkursionen Teil, so wie die zweiwöchige Weiterbildung Anfang 2017 in die Provinz Lipo-Xieng in China. Dort sind einige der größten Modellbauakku-Hersteller heimisch. Wir besuchten den größten Hersteller Kat-Ho-Den, den viele unter den Produktnamen Powerhouse, Lipowonder oder BlueCurrent kennen. Und dort erfuhren wir aus erster Hand, warum LiPos in Wirklichkeit öfter mal dicke Backen bekommen – und was dagegen unternommen wird.
Sauberkeit steht an erster Stelle
Am Herstellungsprozess liegt es nämlich nicht, wie wir uns vor Ort versichern konnten. Die LiPos werden – wie von Halbleitern bekannt – in Reinräumen hergestellt. Dort wird täglich mit verdünnter Salzsäure gewischt, gelüftet und die Angestellten werden jeden Tag händisch auf extreme Sauberkeit kontrolliert. Dass hier Verunreinigungen in das in den Akkus enthaltene gelartige Gemenge kommen könnten, ist extrem unwahrscheinlich.
Nun muss man wissen, dass die Chemie der LiPo-Akkus sehr empfindlich auf Verschmutzungen reagiert. Und natürlich hat es sich auch bei den Herstellern herumgesprochen, dass in der Praxis beim Kunden, also bei uns Modellfliegern, immer wieder geblähte Akkus auftauchen. Kaum einer wird das nicht schon erlebt haben: Es beginnt meist mit einer leichten Anhebung des Schrumpfschlauchs auf den Zellen. Mit jeder Entladung und Ladung aber wird es schlimmer. In vielen Fällen so schlimm, dass die Akkus nicht mehr in das vorgesehene Flugzeug passen. Der Herstellungsprozess wurde also penibel unter die Lupe genommen, aber keine sichtbaren Mängel traten auf. Zunächst Ratlosigkeit.
Praxis-Simulation
Doch dann wurden gezielt einzelne Akkus aus der Produktion genommen und mehreren Lade- und Entladezyklen unter kontrollierten Bedingungen unterzogen. Nach dieser Praxissimulation wurden die Akkus kontrolliert geöffnet (bitte nicht nachmachen, dazu braucht es geschulte Experten und Spezialausrüstung) und der Inhalt mikroskopisch und chemisch untersucht. Es fanden sich erstaunlicherweise etliche Feinst-Partikel, die vorher definitiv nicht enthalten waren. Das Problem war eingegrenzt. Die Verschmutzung musste also zwingend durch den Ladevorgang verursacht worden sein.
Nun wissen wir ja, dass der elektrische Strom an sich klinisch rein ist. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Stichwort Elektrosmog. Anscheinend kann Strom nämlich in besonderen Fällen zwischen den Elektronen Partikel anlagern, wenn diese nur fein genug sind. Und da taucht das auf, was wir hier in Stuttgart schon seit Langem kennen: Feinstaub. Dieses Problem ist für viele Stadtbewohner nicht nur hier im Süden Deutschlands, sondern auch in anderen Großstädten und natürlich in China ein ständiger Begleiter. Schnell wurde dies durch Analysen der Partikel im LiPo-Gel bestätigt.
Auch Strom muss sauber sein
Doch wie kommen diese Feinstaubpartikel in den Strom, mit dem wir unsere Akkus laden? Das war lange ein Geheimnis. Aber die findigen chinesischen Wissenschaftler fanden schnell heraus, woran es lag. Der wissenschaftliche Leiter des Labors in LiPo-Xieng, Dr. Ko-Cam, zeigte mir Fotos von Hochspannungsleitungen, wie sie überall verwendet werden. Diese leiten den Strom völlig unisoliert und ungeschützt auch durch ganz Deutschland. Dem wurde bislang keine Bedeutung beigemessen. Aber dort werden die Partikel, verursacht und anscheinend beschleunigt vor allem durch die extrem hohen Spannungen, die der Transport in Überlandkabeln erfordert, geradezu magnetisch angezogen und einige davon bleiben nach dem Zufallsprinzip zwischen den Elektronen hängen.
Heissenberg und LiPos?
Eigentlich ist dieser Effekt schon lange bekannt. Heissenberg beschrieb schon in den 30ern, was passiert, wenn man stromführende Kabel ungeschützt Partikeln aussetzt. Die damals wenig beachtete Heissenbergsche Elektronenadhesion (ein Teil seiner Theorien zur Elementarteilchenphysik) wird heute im Physikunterricht an jeder chinesischen Grundschule erörtert (leider nur dort). Doch erst seit die industrielle Revolution Feinstaub in großen Mengen produziert und seit es LiPos gibt, kommt dieser Effekt zum Tragen. Wie so oft eine Verquickung von Parametern, die einzeln völlig bedeutungslos wären.
Was tun?
Glücklicherweise haben die chinesischen Ingenieure in Zusammenarbeit mit dem Frauenhofener-Institut für Partikelforschung (FHI-Fine Particles Division) bereits ein Gerät entwickelt, das diesen Effekt aus der Welt schafft. Die Anwendung ist verblüffend einfach: Das handliche Gerät wird einfach zwischen Akku und Ladegerät eingeschleift. Bitte immer den Pluspol verwenden, am Minuspol funktioniert es durch die reverse Polarität zwangsläufig nicht. Dort filtert es alle Verschmutzungen heraus und versorgt so den Akku mit Reinstrom. Es genügt, wenn man es etwa halbjährlich demontiert und mit Druckluft ausbläst (bitte stets im Freien durchführen, Feinstaub ist auch für Menschen gesundheitsschädlich).
Bei unserem Besuch in China haben wir selbstverständlich für interessierte FMT-Leser einen großen Teil der ersten Charge des neuen Geräts gesichert. Es kann unter dem Namen LRD (LiPo Rescue Device) ab 1. April 2017 unter der E-Mail-Adresse fmt@vth.de bestellt werden. Damit sollten blähende Akkus der Vergangenheit angehören. Ein weiterer wichtiger Schritt nach vorn, der auch die Energiewende in Deutschland und der Welt beeinflussen wird. Und wir Modellflieger haben von Anfang an maßgeblich Teil daran. So muss es sein, gell?
Werner Baumeister
Klein, aber oho: Das Lipo Rescue Device ist vielleicht klein, leistet aber Großartiges. Der nötige Anschlussadapter wird mitgeliefert.
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