Montag, 14.12.2020 Die Jungs von der Funjet-Gang
Wie schafft man es, Jugendliche nach dem betreuten Einstieg weiter zu motivieren? Wie lernt so eine Gruppe laufen? Was ist hilfreich, was eher kontraproduktiv? Und was hat man richtig gemacht, wenn es doch klappt?
Seimon, Jannis & Jonathan
All diese Fragen stellt man sich als Jugendgruppenleiter, wenn es mal wieder nicht klappt, die Neuen bei der Stange zu halten. Und wer könnte das besser beantworten als die Jugendlichen selbst?
Die drei Freunde Seimon (14), Jannis (16) und Jonathan (14) sind mittlerweile in der dritten Saison beim Modellflugsport dabei und voller Motivation. Als „Funjet-Gang“ haben sie auf dem Flugplatzdes VMC „Grenzflieger“ e.V. bereits große Bekanntheit erlangt.
Außerhalb des samstäglichen Jugendfliegens trafen mein Kollege Pascal Schad und ich – beide Jugendtrainer des VMC – die drei Jungs, um mit ihnen über den Einstieg ins Hobby, ihre persönlichen Hürden und ganz besonderen Aha-Erlebnisse zu sprechen.
Willkommen beim Modellbau
Direkt beim ersten Gesprächsthema, wird deutlich, was bei dem Akquirieren von jungen Vereinsmitgliedern besonders wichtig ist: Eine vielfältige und gute Öffentlichkeitsarbeit der Vereine. Ob Freizeiten, Events oder Informationsveranstaltungen – vor allem persönliche Erfahrungen haben die drei Jungs auf Verein und Modellsport aufmerksam gemacht.
So ist Jannis beim „Tag der Vereine 2017“ beim Stand des VMC Simulator geflogen: „Ein paar Wochen später habe ich die erste Runde beim Lehrer-Schüler-Fliegen des Vereins gedreht.“ Der Flugsimulator hat an diesem Tag auch Seimon schwer beeindruckt. Spätestens als er in den darauffolgenden Sommerferien bei der VMC-Ferienpass-Aktion mitgemacht hatte, war für ihn klar, den Modellflug zu seinem Hobby zu machen.
Jonathan hingegen entdeckte seine Leidenschaft für den Modellbau bei einem Infonachmittag des VMC-Bastelkurses. Wichtig ist auch, dass man die Angebote für die Jugendliche über das Jahr verteilt, damit es keine Ballungs- und zu viele Leerphasen gibt, finden die Jungs. „Das kann dann auch ins Gegenteil umschlagen, weil der Reiz dann vielleicht schnell verloren geht“, so Jannis.
Das erste Modell
Wie an den ersten Kontakt mit dem Modellsport, erinnern sich die drei Gang-Mitglieder ohne zu Überlegen an ihr erstes selbstbebautes Modell. So hat Jannis mit der Hilfe eines Betreuers den kleinen Uhu gebaut – welcher ihm vor allem wegen des einfachen Aufbaus Spaß gemacht hat. Jonathan, der sich wie Seimon zunächst an den Funman von Multiplex gewagt hatte, fliegt diesen mit seinem Bruder noch heute.
Daneben lernten die Jungs von Beginn an wichtige Theorie, die beim Modellfliegen unerlässlich ist und verfeinerten in den Werkstätten ihre handwerklichen Skill.
Eine Menge Spaß
Ein wichtiger Bestandteil des Vereinslebens, ist für alle drei das vielfältige Angebot an Veranstaltungen und Events, das unter den Jugendlichen zur Gruppenbildung beigetragen hat. So ist das Vereins-Zelten Jannis und Jonathan positiv in Erinnerung geblieben.
„Bei solchen Aktionen lernt man die anderen Jugendlichen viel besser kennen. Da haben auch wir drei uns gefunden“, sagt Jonathan. „Vergesst nicht das Stangenfliegen. Wir hatten an dem Tag jede Menge Spaß“, fügt Seimon noch hinzu. Denn das Fliegen mache mehr Spaß, sind die drei überzeugt, wenn man gute Freunde um sich hat, mit denen man sich unterhalten und austauschen könne.
Neben ihrer Freundschaft vereint die Jungs auch die Motivation und der Ehrgeiz, besser zu werden. So besitzen alle drei das Sportabzeichen „Modellpilot“ in Gold.
Funjet: "Alter ist der schnell"
Der namensgebende Funjet ist eine weitere Gemeinsamkeit der Gang. „Am Anfang war ich von dem Modell nicht so richtig überzeugt und dann war ich überrascht, wie viel Spaß das Fliegen doch macht“, erinnert sich Jonathan.
Seimons erster Flug mit dem Funjet war eine richtige Herausforderung. Man hörte damals auch ein ehrfürchtiges „Alter ist der schnell“ beim Start, entsinnt er sich. Seitdem hatten die Jungs mit ihren Funjets bereits bei vielen, gemeinsamen Flugstunden großen Spaß.
Kein Grund aufzuhören!
Aber natürlich erlebte die Gang in ihrer jungen Karriere auch schon Rückschläge. Während bei Seimons Funman in fünf Metern Höhe ein Servo durchgebrannt ist und der Flieger beim darauffolgenden Einschlag ziemlich demoliert wurde, stürzte Jonathans Foxbat beim Erstflug direkt ab. „Das war ein ziemlicher Schlag – vor allem, nachdem ich den ganzen Winter daran gebastelt habe. Aber ich habe nie daran gedacht aufzuhören!“
Auch die Auswirkungen des Corona-Lockdowns auf das Vereinsleben hatten keinen demotivierenden Einfluss auf die Jungs. „Im totalen Lockdown durften wir überhaupt nicht auf den Flugplatz oder in die Werkstatt. Das war zwar blöd, aber die Vorfreude war umso größer, als wir wieder fliegen durften“, sagt Jonathan. Jannis überbrückte die Zeit zudem mit Bausätzen für Freiflugsegler.
Förderung zum richtigen Zeitpunkt
2019 wurde unser Verein VMC „Grenzflieger“ e.V. in das FMT-Jugendförderprogramm aufgenommen. Für alle drei Jungs hat diese Förderung eine wichtige motivierende Wirkung gehabt. Seimon erklärt: „Man wird wirklich gut unterstützt. Als Jugendlicher hat man meist nicht so viel Geld zur Verfügung.“
Auch Jonathan ist begeistert von dem Programm: „Für meinen Funjet kam die Förderung genau zum richtigen Zeitpunkt. Den stärkeren Antrieb hätte ich mir sonst wahrscheinlich nicht so schnell leisten können.“
Die Tipps der Gang
Was für die Jungs der Funjet-Gang besonders wichtig ist? Vor allem die positive Bindung zum Fluglehrer und Jugendbetreuer. Während Seimon und Jonathan sich schnell zurechtfanden, war Jannis zu Beginn schüchtern und es fiel ihm schwer, mit anderen Vereinsmitgliedern ins Gespräch zu kommen.
„Weil die Jugendbetreuer mich immer wieder angesprochen und eingebunden haben, konnte ich mich Schritt für Schritt überwinden. Danach viel es mir leichter, mit den anderen Jugendlichen im Verein zu reden“, erzählt er uns jetzt selbstsicher. „Man braucht Ansprechpartner, zu denen man Vertrauen aufbauen kann“, findet er und richtet sich an Pascal und mich: „Ihr seid schon auch Vorbilder und Identifikationsfiguren für uns.“
Das Geheimnis einer erfolgreichen Jugendarbeit
Die drei Jungs sind nur ein Teil unserer Jugendgruppe, aber nicht die einzige „Gang“, die sich gebildet hat. Auch bei den anderen, größtenteils jüngeren Teilnehmern sehen wir, zu unserer großen Freude, vergleichbare Entwicklungen. Aber wie gelingt so etwas?
Ein Patentrezept gibt es wohl nicht. Auf manche Faktoren, wie gemeinsame Interessen und allgemein eine passende Chemie, hat man nur sehr bedingt Einfluss. Im Gespräch mit unseren Funjet-Jungs und auch ihren Eltern haben wir dennoch eine Reihe von Punkten immer wieder herausgehört:
Die Basis
Um all das umsetzen zu können, benötigt man zwei wesentliche Voraussetzungen, die im Verein gegeben sein müssen. Erstens: Ein verlässliches Team von Betreuern, damit man einen kontinuierlichen Betrieb der Jugendarbeit gewährleisten kann. Allein schafft das niemand. Nur im Team kann man sich gegenseitig vertreten und unterstützen.
Und Zweitens: Rückhalt im Vorstand und Verein. Denn nur so kann man sich auf die eigentliche Arbeit konzentrieren und kann sich im Zweifel darauf verlassen, dass die Kollegen bei Bedarf einspringen. All das ist bei uns zum Glück gegeben und funktioniert sehr gut. An dieser Stelle sei allen Beteiligten herzlich gedankt für ihre Unterstützung.
Meine Empfehlung: Jugendarbeit lohnt sich
Als Jugendwart und Autor ist dieser Artikel für mich etwas Besonderes – die redaktionelle Arbeit daran zusammen mit den drei Jungs und meinem langjährigen Kollegen Pascal hat großen Spaß gemacht. Sei es der Fototermin am Flugplatz, bei dem die Formationsflugbilder geschossen wurden oder die ziemlich lustigen und dennoch produktiven Gespräche.
Das sind die Momente, bei denen man merkt, warum man sich die ganze Arbeit mit Jugendlichen eigentlich antut: weil es sich lohnt! Packt es an! Ihr könnt das auch.
Mehr zum VMC Grenzflieger e.V. und dessen Jugendarbeit unter:
Beitrag von Stefan Fehmer,
Ausgabe: FMT12/2020