Freitag, 20.06.2025 Jugendgewinnung im Modellflugverein
Irgendwann stellt sich jedem Verein die Frage: Wie können wir junge Menschen für unser Hobby begeistern und Nachwuchs für unseren Verein gewinnen? Häufig versuchen Väter oder Großväter ihren Kindern bzw. Enkeln zu vermitteln, wieviel Spaß Modellbau und -flug machen – und über diese Schiene gelingt es auch manchmal, das Interesse des Nachwuchses zu wecken. Aber oft auch nicht. Deshalb muss eine gute Methode der Jugendgewinnung her.
Eigene Erfahrungen
Meine beiden Jungs zum Beispiel hatten die Möglichkeit, durch mein eigenes Engagement im Modellbau alles Mögliche auszuprobieren. Wir bauten und fuhren zuerst RC-Cars und Rennboote. Danach wurden Feuerlöschboote gebaut und zu Wasser gelassen und schließlich ging es mit einer TwinStar von Multiplex auch in die Luft. Leider konnte ich meine beiden Kerle nicht dazu bringen, eigene Modelle zu bauen und nach einiger Zeit verloren sie das Interesse ganz und andere Hobbys wie das Fußballspielen wurden wichtiger. Beim Nachwuchs einiger meiner Fliegerkameraden verlief diese Entwicklung mehr oder weniger ähnlich: Nur ein paar eiferten ihren Väter nach und überflügelten diese sogar, insbesondere was den Mut und die Geschicklichkeit betrifft. Diejenigen, die am Ball geblieben sind, bleiben dem Modellbau meist langfristig treu.
Ein großer Vorteil für den Nachwuchs von Eltern, die von Modellbau und -fliegen begeistert sind, ist der recht einfache Einstieg, da vorhandene Fernsteuerungen und Flugzeuge genutzt werden können. Allerdings ist, wie bereits erwähnt, die Neugewinnung von Modellbaunachwuchs auf diesem Wege eher begrenzt. Folglich müssen andere Wege gegangen werden, um junge Leute mit unserem Hobby bekannt zu machen und dafür zu begeistern. Das bringt uns zu den oben genannten Kindern anderer Leute.

Die Jungs der ersten Gruppe vor acht Jahren. Mittlerweile sind es junge Männer geworden – in der Ausbildung oder schon fertig. Einer ist sogar auf dem Weg, Flugzeugmechaniker zu werden, ein anderer ist schon Geselle.
Kostenfreier Start
Eine Möglichkeit, Kinder, Jugendliche und ihre Eltern anzusprechen, bietet das örtliche Mitteilungsblatt. Dort boten wir Infoabende an, zu denen wir einige Modellflugzeuge mitbrachten. Zudem legten wir den Eltern einen Plan vor, wie wir uns einen Einstieg in den Modellbau und den Modellflug vorstellen. Dabei wurde auch über anfallende Kosten gesprochen, damit die Eltern eine ungefähre Vorstellung davon bekamen, was finanziell auf sie zukommen könnte. Der Start für die Jugendgruppe wurde jedoch erst einmal kostenfrei gestaltet. Das heißt, wir bauten zunächst einfache Wurfgleiter aus Balsa. Die Kosten für das Material wurden aus der Vereinskasse bezahlt. Mit diesen Wurfgleitern ließen sich bereits einige Fertigkeiten üben, wie zum Beispiel das Lesen und Verstehen eines Bauplans, der Umgang mit Balsaholz, Kleber und Schleifpapier – und nicht zu vergessen, das Werfen dieses Flugmodells. Da es kaum noch Werkunterricht an den Schulen gibt, erlebten die Kinder oft zum ersten Mal, wie spannend und lohnend es ist, aus einfachen Materialien selbst etwas zu fertigen, was – in unserem Fall – auch noch fliegen kann. Der begeisterte Ausruf eines Achtjährigen – „Ui, wie weit der fliegt!“ – drückt aus, wieviel Spaß die Neulinge mit ihren einfachen Fluggeräten hatten. Bei kleinen internen Wettbewerben in der Halle waren auch Eltern, Großeltern und andere Gäste willkommen.

In der Bastelgruppe wurden die Grundlagen zur späteren Berufswahl gelegt. Justin hat nach der Schule eine Lehre zum Elektriker für Gebäudetechnik abgeschlossen.
Als Nächstes: Freiflug
Die ersten Kosten für die Eltern entstanden, als der Nachwuchs bei den Jugendmeisterschaften des DMFV am Freiflug teilnehmen wollte. Dafür orderten wir Lilienthal-Freiflieger von aero-naut und bauten sie gemeinsam in unserer inzwischen fest etablierten Bastelgruppe. Das erste Training mit den Freifliegern war sehr spannend und erfolgreich, obwohl es auch mit dem Verlust eines Modells endete. Ursache für den Verlust war ein auf dem Platz ausgelegtes Hochstartgummi, das die Neugier der Jungs weckte. Trotz meiner Warnung hängten sie einen ihrer Freiflieger an das Gummi – und ab ging die Post. Das Modell erwies sich als super flugfähig, es flog und flog, und obwohl die Jungs die Verfolgung aufnahmen, wurde es irgendwann nicht mehr gesehen. Dann kam die allererste Teilnahme unseres Vereins an einem regionalen Jugendwettbewerb. Sie endete für uns recht erfolgreich mit den Plätzen vier, fünf und acht. Nach der Freude über die erreichten Platzierungen folgte mit frischer Motivation der Modellbau-Alltag: Positive und negative Erfahrungen wurden geteilt, Modelle wurden repariert oder neu gebaut.
Zwischen den Bauphasen in unserer gemütlichen Bastelbude, die immer mit einem gemeinsamen Kaffee- und Kakaotrinken inklusive Kuchen beginnen, finden regelmäßige Lehrer-Schüler-Flüge auf dem Flugplatz statt. Und auch Hallenfliegen ist immer im Angebot. Absolute Highlights sind stets unsere Ausflüge zur JetPower, zur ProWing oder zur Ausstellung nach Dortmund. Unser Dank geht an dieser Stelle an die FMT, die unsere Jugendarbeit im Rahmen ihres Early Birds-Jugendförderprogramms unterstützt.

Nach abgeschlossener Ausbildung und dem Kursbesuch zum Jugendleiter des DMFV wurde er im Verein zum Jugendleiter gewählt.
Immer weiter werben
Leider bleibt es nicht aus, dass über die Jahre manche Jungs die Lust am Modellbau verlieren. Sie entwickeln andere Interessen, beenden ihre Schullaufbahn und beginnen eine Ausbildung oder ein Studium und ziehen in eine andere Stadt. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist: Es gibt immer wieder neue Interessenten. Wichtig ist, dass wir unermüdlich für unser Hobby werben, sei es durch kleine Artikel und Ankündigungen im örtlichen Mitteilungsblatt, wo wir immer zum Kennenlernen und Mitmachen einladen – oder durch Informationen auf unserer Homepage und durch Veranstaltungen auf dem Flugplatz. Ein Beispiel ist der Lehrer-Schüler-Flugtag am letzten Wochenende der Sommerferien, der für alle offen ist. An diesem Tag kann man an einem Lehrer-Schüler-Fliegen teilnehmen, an einem Simulator zu fliegen und kleine Freiflieger bauen. Natürlich wird auch für das leibliche Wohl der interessierten Gäste gesorgt. Darüber hinaus sind Kontakte zu den regionalen Schulen nützlich. Manchmal ergibt sich die Möglichkeit, im Rahmen von Projektwochen Flugzeugmodellbau anzubieten und auf diese Weise auf unser Hobby aufmerksam zu machen. Auch die an dem Early-Birds-Förderprogramm beteiligten Modellbaufirmen tragen hierzu bei. Ganz vorne möchte ich den Himmlischen Höllein nennen, der uns immer mit großem Engagement unterstützt. Aber auch allen anderen Modellbaufirmen danken wir an dieser Stelle.
Mein Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es nicht das eine Mittel gibt, um Jugendliche für unser Hobby zu gewinnen und sie auch auf längere Sicht dafür zu begeistern. Unsere bald zehnjährige Erfahrung hat gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, relativ niedrigschwellig zu beginnen und das Interesse nach den Vereinsmöglichkeiten zu fördern. Hierzu gehört auch die Bereitschaft der Vereinsmitglieder, die Jugendgruppe finanziell zu unterstützen. Dass es sich bei den Modellbauinteressierten um „anderer Leute Kinder“ handelt, sollte dabei keine Rolle spielen. Wenn nicht der Versuch unternommen wird, in die Jugendförderung zu investieren, wird es kaum Mitgliederzuwächse in den Vereinen geben, um den Fortbestand unseres Hobbys zu sichern.
Zum Glück gibt es engagierte Jugendleiter, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich um genau diese Kinder kümmern, ihnen Möglichkeiten für eine spannende Freizeitgestaltung aufzeigen und durch ihr Engagement neue Vereinsmitglieder gewinnen. Ein paar Jahre später können die jungen Mitglieder im besten Fall zu Stützen des Vereins werden und später einmal sogar den künftigen Vorstand stellen. Das ist der Lauf der Dinge. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Jugendarbeit anstrengend, aber auch sehr lohnend ist, und dass sich neue junge Mitglieder in den Verein integrieren und sogar selbst Jugendleiter werden. Aber täglich grüßt das Murmeltier: Jugendliche gehen auch andere Wege und dann beginnt alles von vorn. Dennoch macht es immer wieder Freude, neue Kinder und Jugendliche für das schönste Hobby der Welt zu begeistern.

Beitrag von Frank Stein
Ausgabe: FMT06/2025