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Donnerstag, 16.03.2023 Von Drohnen und Fesselflug

Die in Baden-Württemberg gelegene Ostalb ist ein kleines Mekka für den Modellflug. In idyllischer Umgebung liegt hier der Modellflugplatz der MfG Ostalb Elchingen. Dennoch kämpft der Verein wie so viele mit sinkenden Mitgliederzahlen, vielen passiven Mitgliedern sowie wenigen Neuzugängen. Umso wichtiger ist es, junge Menschen für das Hobby zu begeistern und langfristig an den Verein zu binden. Denn gerade bei der Jugendarbeit sind ländlich gelegene Vereine vor viele Herausforderungen gestellt. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Trotz der schönen Lage sind Modellflugplätze häufig zu weit von Städten und Gemeinden entfernt. Wie sollen Jugendliche zu uns auf den Platz kommen, wenn sie die Eltern nicht fahren?

Fliegen im Stadtgebiet

Um die Hürden für junge Menschen und ihre Eltern so gering wie möglich zu halten, ist es zunächst unser Ziel, nicht die Jugendlichen zum Flugplatz, sondern vielmehr den Flugplatz zu den Jugendlichen zu bringen. Natürlich geht das nicht mit jeder Flugmodellsportart, aber es gibt genügend Möglichkeiten. Deshalb haben wir uns auf Modellsportarten konzentriert, die auch vor Ort – auf dem Schulhof, auf dem Sportplatz oder in der Turnhalle – durchgeführt werden können.

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Wenn es ums Bauen und Fliegen mit Kindern geht, sind alle Vereinsmitglieder mit von der Partie

 

Erfolg mit Drohnenball

Das Flaggschiff in unserer Jugendarbeit sind die Fliegermädchen mit ihren Drohnenbällen. Drohnenbälle sind normale Renndrohnen, eingehüllt durch ein ballförmiges Gitter. Damit sind sie im Umgang absolut sicher und werden „auf Sicht“ geflogen. Unsere Erfahrung: Um Mädchen für eine solche Sportart zu gewinnen, müssen sie unter sich sein. Und so fliegen unsere Fliegermädchen – von der Vektor-Stiftung in Baden-Württemberg finanziell unterstützt – seit 2019 einmal in der Woche in der Turnhalle ihrer Schule. Unser neuestes Projekt ist dabei das Fliegen nach Musik. Allerdings muss dann die Musik ziemlich laut sein. Denn wenn sechs Drohnenbälle in der Luft sind, ist der Grundschallpegel ganz schön hoch.

Besonders freut uns, dass die Fliegermädchen zwischenzeitlich am Stand des MFSD auf vielen Modellbaumessen anzutreffen sind – Dortmund, Leipzig und Friedrichshafen stehen fest im Kalender der Gruppe.

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Die Fliegermädchen Evelyn, Nathalie, Melissa und Annika (v.l.n.r.) und Jugendleiterin Angelika Möbius (links) erregten bei den Science-Days in Rust lautstarke Aufmerksamkeit

 

Modernes Quidditch

Ursprünglich wurden die Drohnenbälle für die Sportart Drone-Soccer entwickelt. Diese ist in der Wettbewerbsklasse F9A zu finden. Beim Drone-Soccer spielen je fünf Bälle in einem Käfig gegeneinander und versuchen, das gegnerische Tor zu durchfliegen – modernes Quidditch, wer Harry Porter kennt. Wir waren mit unseren Jugendlichen bereits 2019 in Korea bei einem internationalen Auftaktwettbewerb. Momentan bereitet sich das Jugend-Team für ein internationales Turnier im Oktober in Korea vor, das im Rahmen der dort stattfindenden Weltmeisterschaften ausgetragen wird. Leider gibt es in Deutschland (noch) keine Spielpartner. Aber zur Intermodellbau in Dortmund werden wir diese neue Trendsportart in Show-Wettbewerben vorstellen.

Eine weitere Neuheit im Drohnensport ist bei uns der Einsatz von programmierbaren Drohnen. Der Vorteil: Das kann erstmal in jedem Klassenzimmer stattfinden. Danach bauen wir den entsprechenden Hinderniskurs in der Turnhalle auf. Der am Computer programmierte Flugweg wird danach durch einen entsprechenden Hinderniskurs in der Turnhalle geflogen. Auch hier fliegen wir Drohnen, die ein Schutzgitter tragen, so dass ein Programmierfehler kein Sicherheitsrisiko darstellt.

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Unser Jugendteam in Gimcheon (Südkorea) beim Promotionswettbewerb

auch in der werkstatt

 

Es gibt ihn noch, den Fesselflug

Eine der Traditionssportarten im Flugmodellsport ist der Fesselflug, heute leider mit eher rückläufigen Teilnehmerzahlen. Doch seitdem man in Fesselflugzeugen Elektromotoren einsetzen kann, sind diese umso idealer für die Arbeit an Schulen. Denn Fesselfliegen kann man sowohl auf dem Schulhof als auch in jeder Turnhalle – und das mit sehr jungen Schülern.

Als wir im vergangenen Jahr mit Teilnehmern der 5. Klassen starteten, gab es keinen entsprechend geeigneten Bausatz auf dem Markt. Deshalb entwickelten wir einfach unser eigenes Modell, die Mamba 2.0. Wir fertigen für unsere Schüler einen Bausatz mittels Fräsanlage und Lasercutter, so dass sich die Bauzeit stark verkürzt – ein wichtiger Aspekt bei Schulgruppen in dem Alter. Dabei stellten wir eine Reihe von Teilen mit einem 3D-Drucker her und integrierten diese in den klassischen Holzmodellbau. Materialtechnisch wurden wir hier von dem Programm Mikromakro MINT der Baden-Württemberg-Stiftung unterstützt.

Die Mamba 2.0 wird zwischenzeitlich auch in anderen Vereinen genutzt und wir hoffen, dass es in absehbarer Zeit wieder Schülerwettbewerbe in dieser Sportart geben wird. Wir werden auf jeden Fall im Juli eine Landesmeisterschaft für Schüler im Fesselflug organisieren und laden natürlich auch Schüler aus anderen Bundesländern ein.

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Frank und Bennet werden von Helmut (links) und Matthias (rechts) bei der Endfertigung ihrer Mamba unterstützt

 

Projekt Nurflügel

Darüber hinaus arbeiten wir eng mit der Zukunftsakademie in Heidenheim zusammen. Dort gibt es eine CNC-Styroporschneideanlage. Hiermit schnitten wir die Flächen für unseren Nuri. In diesem Winter baute dann unsere „fortgeschrittene“ Modellbau-Jugend die ersten sieben Modelle. Obwohl das Modell auch für den Einbau eines Elektromotors geeignet ist, stellte es sich sehr schnell heraus, dass der Einsatz am Katapult den Jugendlichen viel mehr Spaß macht und einen größeren Nervenkitzel darstellt. Da die Flächen vollständig mit Tesa-Film bespannt wurden, sind sie äußerst stabil und fast unkaputtbar. In Summe ist ein solches Modell unschlagbar preiswert und am Katapult gibt es den tollen Nebeneffekt, dass in einer Trainingsstunde zahlreiche Starts und Landungen durchgeführt werden können.

ZAK-Heidenheim

Geschafft! Modellbaukurs an der ZAK Heidenheim mit Kursleiterin Angelika

 

Kinderfliegen & Sommereule

Man kann nicht früh genug beginnen, die Passion Flugmodellsport zu verbreiten. Deshalb veranstalten wir jährlich Feriennachmittage für Schüler sowie einen Fliegertag im Rahmen eines Kinderfestes. Und natürlich sind wir auch bei regionalen Messen und Schulveranstaltungen vertreten. Dafür haben wir ein spezielles Depronmodell konstruiert. Damit führen wir kleine Wettbewerbe durch, indem immer zwei Piloten gegeneinander fliegen. Wir halten das Ganze so einfach wie möglich, da wir so alle Kinder erreichen, diese großen Spaß haben und meist nicht genug bekommen.

Und da der Bau eines Segelflugmodells der Klassiker beim Einstieg im Modellbau ist, bauen wir im Rahmen unseres Projekts Sommereule einen kleinen UHU aus den 1960er-Jahren, indem wir ihn etwas verkleinern, den heutigen Bautechnologien anpassen und ein modernes Outfit geben. Das Ergebnis war die Sommereule, ein Wurfgleiter in Rippenbauweise, der um die 60 Meter weit fliegen kann. Das Modell ist zwischenzeitlich so optimiert, dass der Bauerfolg nahezu garantiert ist.

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Wurfgleiter-Wettbewerb mit den Kleinsten – Modellsport für Kinder und Betreuer

 

Ein Verein und viele Partner

Unser Konzept, mit vielen Partnern zusammenzuarbeiten, hat sich bewährt. So führen wir am Gymnasium Aalen zwei Arbeitsgemeinschaften durch, für die uns die Schule Räume zur Verfügung stellt. Wir geben Modellbaukurse an der Zukunftsakademie in Heidenheim und dürfen dafür modernste CNC-Anlagen nutzen. Am Schülerforschungszentrum Aalen leiten wir eine AG Modellbau und dürfen unsere Baukästen an der dort vorhandenen Laserschneidanlage vorbereiten. Diese Aufzählung könnten wir beliebig fortsetzen. Gerade jetzt, wenn wir uns für die WM in Korea vorbereiten, sind starke Partner für uns unverzichtbar.

Partnerschaften bilden ist ein Konzept, das auch in der Zukunft trägt. Die Zeiten, in denen interessierte Jugendliche von selbst auf die Plätze kommen, sind Vergangenheit und kommen auch nicht wieder. Wenn wir neue Mitglieder gewinnen wollen, müssen wir dorthin gehen, wo diese sind – in Schulen, in Jugendhäuser, in Landesforschungszentren, usw.

Logo "Early Birds" des FMT-Jugendförderprogramms.

Beitrag von Angelika und Dr. Matthias Möbius
Ausgabe: FMT04/2023

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