Montag, 31.01.2022 Von Jugendbetreuer zu Jugendbetreuer
Jugendliche mit der Liebe zum Modellflug anzustecken, ist eine Bedingung für den Fortbestand des Hobbys. Doch wie motiviert man Jugendliche für das wichtige Amt des Jugendbetreuers? Wir sprachen mit Stefan und Jannis vom VMC Grenflieger e.V.
Bauen, Fachsimpel und Üben
Begeisterung für das eigene Hobby gemeinsam zu erleben und zu teilen, ist eine der großartigsten Erfahrungen, die man im Leben machen kann. Jugendlichen dies zu ermöglichen, sie bei ihren ersten Schritte zu stärken und zeitgleich mit der Liebe zum Modellflug zu verbinden, ist eine wichtige Bedingung für den Fortbestand einer aktiven Modellbau-Gemeinschaft.
Um eine erfolgreiche Jugendarbeit auch in Zukunft zu garantieren, sind motivierte Jugendbetreuer dabei unerlässlich.
Wir sprachen mit dem achzehnjährigen Jannis Tenwinkel vom VMC Grenzflieger e.V. und seinem damaligen Jugendleiter und heutigen Kollegen Stefan Fehmer über die Aufgaben, Anforderungen und Herausforderungen eines Jugendbetreuers im Flugmodellbau.
FMT: Jannis, wie bist du zum Hobby Modellbau gekommen?
Jannis: Im Sommer 2017 fand bei uns in Vreden der Tag der Vereine statt. Und auch der VMC Grenzflieger e.V. hatte einen Stand auf dem Marktplatz mit verschiedenen Modellflugzeugen und einem Flugsimulator. Den fand ich als Gamer natürlich toll.
FMT: Wie ging es danach weiter?
Stefan: Irgendwann im September 2017 war Jannis dann mit seiner Mutter beim normalen Jugendfliegen zu Besuch. Da sind wir erstmal im Lehrer-Schüler-Modus geflogen. Vor allem, um zu schauen, ob das Ganze auch wirklich was für Jannis ist.
Zur gleichen Zeit habe ich zufällig in einem Modellbauladen in Münster zwei kleine UHU von Graupner entdeckt. Einen davon hat Jannis bekommen, den er dann auch ab Herbst 2017 im Rahmen unserer Bastelgruppe gebaut hat.
Jannis: Ich glaube aber, dass ich ihn nicht fertig gebaut habe. Aber eigentlich müssten nur noch Servos und die Akkus fehlen. Vielleicht ist das ein gutes Projekt für 2022.
FMT: Jannis, war das Hobby nach dem Tag der Vereine ein Selbstläufer für dich?
Jannis: Am Anfang herrschte bei mir schon sehr viel Motivation, weil alles komplett neu war. Das zweite Jahr war dann eher so ein Geschleppe der Eltern.
Ab Mitte des zweiten Jahres habe ich dann mehr mit zwei Jungs aus der Gruppe gemacht. Mit Jonathan und Seimon habe ich dann auch die FunJet-Gang gegründet, die bereits in der FMT 12/2020 vorgestellt wurde.
FMT: Also sind entstehende Freundschaften ein Katalysator?
Stefan: Da merkte man sofort, dass es zum Selbstläufer wird, wenn Jugendliche ihre Grüppchen haben, wie beispielsweise die FunJet-Jungs. Das kann ich auch aus meiner eigenen Zeit sagen. Denn das hat mir damals wirklich gefehlt, mit Gleichaltrigen das Hobby zu erleben.
Jannis: Ich finde so eine Gruppendynamik auch sehr wichtig – vor allem für Leute, die auf der Kippe stehen wie ich damals. Aber auch diejenigen, die einen immer wieder aufs Neue motivieren, sind enorm wichtig.
Und jetzt ist es bei mir halt ein Selbstläufer, jetzt gehe ich fast jeden Samstag zum Flugplatz. Dennoch war die Unterstützung bis zu diesem Punkt sehr wichtig.
FMT: Und wie erreicht man am besten solch eine Dynamik?
Jannis: Die Jugendlichen sollten am besten ungefähr in der gleichen Altersgruppe sein, um dementsprechend auch gleiche Interessen zu haben. Jugendvertreter sollten auf jeden Fall verschiedene Gruppenaktivitäten organisieren, bei denen sich die Jugendlichen besser kennen lernen können. Bei uns war das zum Beispiel das Zelten. Da wächst man auch schonmal als Freundeskreis zusammen.
Stefan: Was auch sehr wichtig ist und ich am Anfang etwas unterschätzt habe, ist die pädagogische Seite. Früher standen die Kids teilweise etwas verloren auf dem Flugplatz. Und ich wusste gar nicht, was ich damit jetzt anfangen soll.
Ein Vater und Grundschullehrer hat mir dann ein paar Tipps gegeben. Denn das Wichtigste bei der Jugendarbeit ist nämlich erstmal, dass man den Jugendlichen eine gewisse Struktur und klare Ansprache bietet – sei es mit kurzen Besprechungen des Tagesablaufs oder mit kleinen Wettbewerben.
Eine Zeit lang haben wir dann jede Woche nach dem Fliegen so kleine Competitions organisiert, wie die beste Platzrunde oder Stangenfliegen. Wichtig ist mir dabei aber, dass die Wettkämpfe immer ohne Druck stattfinden, denn das könnte die Kids auch abschrecken.
FMT: Jannis, hast du so etwas wie eine Lieblings-Erinnerung?
Jannis: Das Zelten ist immer toll. Auch wenn es die letzten zwei Jahre aufgrund der Corona-Lage ausgefallen ist. Stattdessen fand aber im Sommer eine Grillaktion statt, halt ohne Übernachtung.
Stefan: Das Großartige am Zelten ist einfach, dass man den ganzen Tag fliegen kann und nicht nur konzentriert auf zwei Stunden. Wenn man dann eine Veranstaltung hat, die den ganzen Tag geht, dann ist das schon was ganz anderes.
Jannis: Vor allem das Fliegen bis zum Sonnenuntergang ist bei solchen Events immer etwas ganz Besonderes.
FMT: Und wenn beim Fliegen doch mal etwas schiefgeht?
Stefan: Das Wichtige ist, dass man bei einer schwierigen und sogar gefährlichen Flugsituation nicht komplett eskaliert. Bei solchen Situationen sollte man konstruktiv an die Sache herangehen, damit sowas zum einen nicht nochmal passiert und der Jugendliche auch aus seinen Fehlern lernen kann.
Jannis: Ich finde auch, dass eine Standpauke nichts bringt. Man muss ruhig auf die Person zugehen und trotzdem darüber reden, was falsch gelaufen ist und schauen, wie man das beim nächsten Mal verbessern kann.
FMT: Warum habt ihr euch für Jannis als Jugendvertreter entschieden?
Stefan: 2020 hat ein Betreuer bei uns sein Amt aufgegeben. Bei der Suche nach einem Nachfolger war Jannis zwar unsere erste Wahl, es fehlte ihm aber noch Routine beim Fliegen. Und natürlich wollten wir ihn nicht überfordern. Denn es gibt nichts Schlimmeres als jemanden, der engagiert dabei ist, in solch ein Amt reinzudrücken und damit zu vergraulen.
Auch wollten wir sicher gehen, dass Jannis das wirklich machen möchte, denn solch eine Aufgabe geht auch mit viel Verantwortung und Arbeit einher. Und da Jannis trotz allem Bock hatte, haben wir erstmal mit ihm trainiert. Das war dann der Sommer 2020, jeden Mittwoch auf dem Platz mit dem Easyglider.
Jannis: Bereits im Winter 2019/2020 habe ich mit zwei Freunden bei den Anfängerbastelkursen geholfen. Dadurch und durch das Training im darauffolgenden Sommer, habe ich mir die Verantwortung des Jugendvertreters schnell zugetraut.
FMT: Jannis, ist dir bei deiner Arbeit etwas besonders wichtig?
Jannis: Ich finde es super, wie Stefan und die anderen das in den letzten Jahren gemacht haben. Ich weiß jetzt nicht, ob ich aktiv was anderes mache. Ich versuche einfach, die Jugendlichen so gut es geht zu unterstützen.
Ich betreue bei uns vor allem die Neuen und Anfänger beim Lehrer-Schüler-Fliegen, damit sich die anderen in Ruhe um die fortgeschrittenen Piloten kümmern können.
FMT: Was willst du den Kids mit auf dem Weg geben?
Jannis: Ich hatte am Anfang vor allem das Problem, dass ich große Angst hatte, meine Modelle zu zerstören – weil ich weiß, dass da viel Geld hinter steckt. Deshalb habe ich mich zunächst nicht getraut, selbst mit den Modellen zu fliegen.
Diese Angst will ich den Jugendlichen auf jeden Fall nehmen. Denn wenn die Modelle doch mal kaputt gehen, bekommt man sie meistens wieder repariert. Und auch durch den Zuspruch von Stefan und den anderen habe ich mit der Zeit immer mehr Selbstvertrauen bekommen.
Das heißt nicht, dass ich Risiken eingehe und mir zu viel zutraue, sondern dass ich weiß, dass ich mich auf meine Fähigkeiten verlassen kann.
Zu seinem 18. Geburtstag Anfang Januar 2022 überreichten die Vereinskollegen ein ganz schön großes Geschenk an Jannis. Was da wohl drin ist? Und sehen wir da nicht sogar eine VTH-Postkarte?
FMT: Stefan, wie erlebst du Jannis?
Stefan: Hauptsächlich bin ich einfach stolz auf Jannis. Die Jugendlichen merken meist gar nicht, was sie entwicklungstechnisch hinlegen.
Und wenn ich Jannis heute mit dem dreizehnjährigen Jannis vergleiche, der kaum den Mund aufbekommen hat, sehe ich da einen Riesenunterschied.
Also, Jannis: Bitte weitermachen!
Mehr zum VMC Grenzflieger e.V. und dessen Jugendarbeit unter:
Beitrag von Maleen Thiele,
VTH-Redaktion,
Ausgabe: FMT02/2022